So kam es, das wir uns beide am Morgen des 6. Juli
2002 bis an die Zähne bepackt im Flughafen Zürich eintrafen und mit der
fast-staatseigenen Airline nach Stockholm flogen. Dort nahmen wir unseren
im voraus gemieteten Ferrari – ähm – ferrariroten VW Polo in Empfang,
und machten uns auf in Richtung hoher Norden, der Mitternachtssonne, den
Elchen und den schönen Schwedinnen entgegen. (Man soll als interessierter
Reisender immer allen Naturwundern eines Landes gegenüber aufgeschlossen
sein... Was, ihr glaubt, hier sind wohl eher zwei Kindsköpfe als zwei
gestandene Mannsbilder unterwegs? Das muss ich entschieden dementieren!!!
R. ist aufgrund seines eher fortgeschrittenen Alters recht reif... J)
Unsere Fahrt führte uns der Ostseeküste entlang in
Richtung Norden, immer dem „Bottnischen Meerbusen“ folgend. (Im Ernst,
die Pfütze heisst so!)
Den ersten Stopp legten wir in
Östhammar ein, um
umgehend
unser Zelt aufzubauen. Das Zelt hatte uns mein Bruder Patrick
ausgeliehen, womit er sich natürlich eine ehrenvolle Erwähnung in diesem
Reisebericht verdient hat. Über Östhammar weiss ich nicht sehr viel zu
berichten. Es ist ein hübsches, altes Städtchen. Aber das nur eines von
sehr vielen hübschen, alten Städtchen ist, wird es in keinem meiner
Reisebücher überhaupt erwähnt.
Am nächsten Tag machten wir uns auf
und folgten der Küste entlang in Richtung Norden, wobei „der Küste
entlang“ ziemlich übertrieben ist. Schwedische Strassen kann man sehr
gut von anderen Strassen unterscheiden: Hat es rechts der Strasse einen
endlosen Wald, und hat es auch links der Strasse einen endlosen Wald, dann
ist es eine schwedische Strasse. (Oder vielleicht eine kanadische, aber
das müsste ich zuerst in einer weiteren Reise überprüfen.) Jedenfalls
sieht man die Küste sehr selten, das offene Meer schon gar nicht.
Weiter nördlicher kamen wir in die „UNESCO World
Heritage Site“ Höga Kusten (Hohe Küste), bestehend aus ein paar sehr
grünen Hügeln, kombiniert mit langen Fjords und hübschen Fischerdörfern
wie z.B. Norrfällsviken, das allerdings zu einem Ferienressort umgenutzt
worden ist. Die Gegend wurde in der letzten Eiszeit durch riesige
Eismassen zusammengedrückt. Doch das besondere geschah danach: Nachdem
das Eis geschmolzen war, erhob sich der Erdboden wieder, was eine ziemlich
beeinruckende Leistung ist. Das muss wohl auf die Einheimischen abgefärbt
haben – die Vikinger haben sich schliesslich auch nie unterkriegen
lassen. Jedenfalls ist es hier heutzutage interessant-hügelig anstatt
langweilig-flach wie das übrige Schweden. (siehe http://www.unep-wcmc.org/sites/wh/high_coast.html)
Wir übernachteten auf einem Campingplatz namens
Skuleberget, welcher nur aus einem einzigen Grund erwähnenswert ist:
Hinter dem Campingplatz stand ein Wegweiser, der auf eine „Grotta“
verwies. Dies machte uns natürlich sofort neugierig. Bei „Grotta“
dachten wir an ein Hunderte von Kilometern langes Höhlensystem,
vollgestopft mit Tropfsteinen, Kristallen, Trollen, Diamanten und
unentdeckten Goldadern, mit der wir uns vielleicht doch noch von einem
ferrariroten VW zu einem echten Ferrari hocharbeiten könnten. Der
Aufstieg zu später Stunde (ca. 22:30 Uhr, aber bei Tageslicht) war weit,
steil und beschwerlich. Nach unendlich scheinenden Kilometern durch düstere,
riesige Wälder und enorme Felswände traffen wir eine halbe Stunde – ähm
– sehr, sehr (!) viel später, völlig übermüdet und kaputt bei der Höhle
ein – und erlebten die erste grosse Enttäuschung unserer Reise. Die Höhle
war winzig! Ausserdem ist sie wohl durch entscheidende Mitwirkung von
Herrn Alfred Nobel entstanden. Herr Nobel hat so nützliche Dinge erfunden
wie den Nobel-Preis und – für die Höhle viel wichtiger - das Dynamit.
Der weitere Weg nach Norden führte weiter durch den
Wald – Rotkäppchen würde sich hier sauwohl fühlen. Naja, vielleicht
nicht Rotkäppchen, aber Rotkäppchen’s Wolf ganz bestimmt. Zum Glück
stand ab und zu eine Stadt am Strassenrand, wie z.B. Umeå: Eine Universitätsstadt
mit rund 100'000 Einwohnern, wovon ein Viertel Studenten wären, wenn
nicht gerade die Sommerferien stattfänden. Die Hauptattraktion fanden wir
im Stadtpark: Ein Openair-Aerobic-Spektakel! Die Stadtväter bezahlen
einen Fitnesstrainer, die Einwohnerinnen (viele) und Einwohner (weniger)
kreuzen auf und turnen bis zum Umfallen, während die Touristen es sich
gemütlich machen und die Sache aus sicherer Distanz betrachten. Besonders
beeindruckend fand ich die vielen schönen Schwedi... – ähm –
schwedischen Bäume in dem Park. (Zu den Schwedinnen komme ich später
schon noch...)